Interview
Über Maßkleidung... An was denken Sie wenn Sie das Wort "Maßkonfektion" hören?
Wir haben diese Frage auch Markus Schöndorf von Scabal gestellt. Er erklärt ganz genau was für ihn und viele seiner Kunden Maßkonfektion bedeutet - warum Maßkonfektion auch so besonders ist. Lesen Sie mehr über Scabal auch in unsererm BLOG hier.
Frage 1
Wie sind Sie zu diesem Beruf gekommen?
Markus Schöndorf:
Zuerst habe ich eine kaufmännische Ausbildung absolviert und dann über verschiedene Abteilungen schlussendlich im Vertrieb hängen geblieben. Somit habe ich Einblick und weiß auch vieles was Stoffe angeht, bin zwar selber kein Schneider, aber verstehe gut, wie ein Anzug hergestellt wird. Und habe auch über die Jahre hinweg mein Auge fürs „Maßnehmen“ geschult. Darüber hinaus auch viel Vertriebserfahrung gesammelt.


Frage 2
Was genau beinhaltet Ihr Job als Sales Manager bei Scabal?
Markus Schöndorf:
Dieser Job beinhaltet, die unterschiedlichen Kunden zu beraten und zu unterstützen. Es gibt Kunden, die klassischerweise sich die neuen Kollektionen zwei Mal im Jahr anschauen, die Anzüge und Sakkos, Outwear oder auch Strick und Hemden immer ein halbes Jahr vor der Auslieferung ordern. Auf der anderen Seite biete ich Kunden Trainings und Schulungen an: Wie nimmt man Maß. Das macht den größten Anteil des Jobs aus. Und eben auch zur Unterstützung der Einzelhandelskunden, immer wieder die Durchführung von Trunk-Shows, so wie heute bei Ihnen, um den Kunden zu helfen und für die Marke etwas zu tun.
Frage 3
Wieso die Firma Scabal?
Markus Schöndorf:
Ich finde es immer noch ein Stück weit wichtig und angenehm für ein Familienunternehmen zu arbeiten, wo ich den Inhaber kenne, wo ich den CEO kenne, wo ich meinen direkten Vorgesetzten kenne. Das finde ich ist ein anderes Arbeiten als für einen Konzern. Es ist einfach ein anderes arbeiten. Bei Scabal ist auch viel Individualität gefragt, weil wir eben Individualität anbieten. Man beschäftigt sich nicht nur mit einem kleinen Ausschnitt, sondern die Bandbreite des Arbeitens und des Tuns ist sehr groß.

Frage 4
An was denken Sie bei Maßkonfektion bzw. was bedeutet für Sie das Wort „Maßkonfektion“?
Markus Schöndorf:
Maßkonfektion ist erstmal ein sehr weiter Begriff. Maßkonfektion ist ein Begriff, auf dem viel im Markt unterwegs ist. Man muss allerdings wissen, dass es nicht nur eine Begrifflichkeit ist, sondern dass da sehr viel Know How , Erfahrung reingesteckt werden muss, weil es wichtig ist welcher Stoff, Innenfutter ausgesucht wird und wie der Anzug hergestellt wird. Denn es gibt viele unterschiedliche Methodiken und aufgrund dessen verwende ich ungern für alles den Begriff Maßkonfektion. Diese Vielfalt ist für den Endkunden eben sehr schwierig zu unterscheiden.


Frage 5
Maßkleidung ist bekanntlich kein Produkt für die breite Masse, allein schon des Preises wegen. Wer ist eigentlich die Zielgruppe von Scabal?
Markus Schöndorf:
Die Zielgruppe ist eigentlich der Mann, der es liebt, individuelle Kleidung zu tragen, die ganz speziell für ihn gemacht ist. Und alle die, die auch bisschen Nachhaltigkeit verstehen, wo auch eine gewisse zeitlose Eleganz dahintersteckt. Und der Kunde, der diesen Anspruch hat und es liebt. Darunter gibt es Leute von Mitte- Ende 20 bis 70 & 75, die Bandbreite der Kunden ist somit sehr groß. Vor allem geht es hierbei nicht um das Alter, sondern es geht um Individualität und das Lebensgefühl.
Frage 6
Wie viel Zeit muss ein Kunde für den gesamten Entstehungsprozess eines Maßanzugs einplanen?
Markus Schöndorf:
Vom Aussuchen des Stoffes bis zu den Details wie Futterstoff, Knöpfe, Ausstattung & Optionen, Maßnehmen – müsste man Minimum eine Stunde in Anspruch nehmen. Der komplette Herstellungsprozess dauert in der Regel 3 Wochen. Wenn der Kunde es schneller braucht, sind auch 2 Wochen mit drin. Das ist die Zeit, die man braucht vom Anzugvermessen, Stoffaussuchen über die Maßanalyse & über die Produktionsvorbereitung bis zum fertigen Produkt.


Frage 7
Kennen Sie die Klischees über Maßschneiderei? Wenn ja welche? Und stimmen diese?
Markus Schöndorf:
Es gibt natürlich, und das gab es in der Vergangenheit auch schon und hat sich bestimmt auch bis in die Gegenwart rüber gerettet, das Klischee, wer braucht schon Maß? Maß braucht der, dem nichts passt, der nichts von der Stange kaufen kann. Das Klischee bzw. dieser Gedanke gilt bei vielen noch. Aber das ist lange nicht so, weil die meisten sich einfach ein Kleidungstück wünschen, in dem sie sich wohl fühlen, in dem sie auch weniger Kompromisse machen müssen, was Passform angeht, was auch Stoff und Ausstattung betrifft. Von daher wird der Großteil von Maßanzügen, die wir bei Scabal verkaufen, mit wenig Veränderung verkauft. Es wird einfach passend zum Körper angefertigt, somit werden wenig bis kaum Veränderungen am fertigen Endprodukt vorgenommen.
Frage 8
Die Auswahl des Anzugsstoffes kann einen angesichts der vielen Möglichkeiten schnell überfordern. Wie sollte man dabei vorgehen?
Markus Schöndorf:
Natürlich ist die Frage, wie beim Anzug von der Stange auch, wofür braucht man diesen? Ist es fürs Business, eine Veranstaltung oder eher für die Freizeit. Oder vielleicht auch ein Anzug „Just for Fun“ mit dem man auffallen will. Das ist natürlich aber auch abhängig vom Verkäufer herauszufinden, was der Kunde tatsächlich sich wünscht und braucht. Man darf nicht den Fehler machen und sich alle 2000 Stoffe auf einmal anschauen. Da wird man nur schnell verwirrt und angesichts der wundervollen Auswahl einfach auch nicht schnell eine Entscheidung treffen können. Somit sind die Fragen wie: für WAS wird der Anzug gebraucht und vielleicht auch WIE oft man diesen tragen wird, die wichtigsten, die zu klären sind. Viele wissen auch schon ganz genau welche Art von Stoff es sein darf, glänzend, flanellig, bunt, Karo, mit Fischgrat…. Da gibt es eine Menge an Möglichkeiten.


Frage 9
Ein Maßanzug hat seinen Preis. Wie viel Geld sollte man in die Hand nehmen?
Markus Schöndorf:
Ein guter Anzug aus einem hochwertigen Stoff beginnt ca. bei 1000€ und nach oben geht viel. Wir bei Scabal sind zwar kein Handwerksbetrieb, aber trotzdem bei der Herstellung des Anzugs und bei der Methodik machen wir viele Dinge, die ähnlich sind wie der Schneider es früher von Hand gemacht hat, also gewisse handwerkliche Methodik ist für uns wichtig und wir versuchen mehr zu nähen als zu fixieren. Und diese Faktoren sind eben für den Endpreis schlussendlich auschlaggebend. Ein weiterer wichtiger Punkt ist auch der Unterschied zur Herstellung des Anzugs, in China zu Mindestlöhnen oder eben in der Europäischen Union zu Tariflöhnen wie es bei Scabal der Fall ist.
Frage 10
Was halten Sie von den Angeboten, vermeintliche Maßkleidung für kleines Geld über das Internet bestellen zu können?
Markus Schöndorf:
Technik schreitet voran - das ist klar. Klar ist aber auch, dass Technik sehr gut Maßnehmen kann. Zum Beispiel am Flughafen in die Kabine stellen und die Kameras drehen sich ein paar Mal um Sie und können dann eine 3-D Figur erstellen und somit auch ihre 1 zu 1 Maße übernehmen und so einen Anzug oder auch andere Kleidungsstücke oder Größen ermitteln. Was man aber eben nicht kann, ist ein Wohlfühlmaß oder Tragegewohnheiten ermitteln. Diese Faktoren kann man eben nur im Gespräch mit dem Kunden herausfinden. Es ist immer ein Stück weit Handwerk, wenn man es richtig macht. Immerhin arbeitet man mit Stoffen und Stoffe leben, sofern es Tierhaare wie Wolle ist oder sogar Baumwolle. Jede Faser verhält sich anders und damit muss man umgehen können. Und Innovation mit Stoffen ist eben eine Herausforderung. Das kann eine Maschine nicht entscheiden. Ich kann ja zum Beispiel einen Anzug eins zu eins nach Maß machen, einmal aus Wolle und einmal aus Baumwolle. Die Anzüge sind völlig identisch nur eben aus unterschiedlichen Stoffen. Und der Kunde wird hinterher sich immer anders fühlen. Denn der Woll-Anzug hat einen natürlichen Dehneffekt, was die Baumwolle eben nicht hat. So kann ein guter Schneider oder jemand, der sich damit auskennt, von vorneherein das Stoffverhalten in die Maße miteinberechnen.

Frage 11
Auf der einen Seite ist heutzutage eine Casualisierung der Gesellschaft zu beobachten. Auf der anderen Seite tragen Serien-Held Barney Stinson aus „How I met your Mother“ oder der Satiriker Jan Böhmermann fast ausschließlich Anzüge mit Krawatte und werden dadurch zum Trendsetter. Wie schätzen Sie die Entwicklung ein?
Markus Schöndorf:
Unbestritten – die Casualisierung ist da! In den letzten Jahren noch stärker durch Corona und das Home -Office, wohin ja viele vertrieben worden sind. Das hat dazu beigetragen, dass der Anzug nicht mehr die erste Wahl im Kleiderschrank geworden ist. Aber es gibt Leute, die sehr gerne einen Anzug tragen, die ihn nicht als notwendiges Übel ansehen. Sondern die den Anzug gerne tragen, die sich darin wohl fühlen, die sich auch darin sicher fühlen. Diese Menschen freuen sich dann auch endlich aus dem Home-Office zu entkommen und sich wieder ordentlich anziehen zu können. Und irgendwo ist der Anzug auch ein Fashion bzw. Modeprodukt - welches sich mit der Zeit immer weiterentwickelt. Wer weiß, vielleicht sagen wir in 5 Jahren der Modetrend ist nur noch der Anzug! Aber ich glaube einfach, dass es ohne das Produkt „Anzug“ nicht geht.
Frage 12
Heutzutage tragen auch immer mehr Frauen die klassischen britischen 3-Teiler. Haben Sie Veränderungen gespürt oder anders gefragt: Bestellen auch weibliche Kunden Anzüge bei Scabal?
Markus Schöndorf:
Wir haben früher tatsächlich (vor ca. 10 Jahren) ein kleines klassisches Damen Programm geführt. Sogar mit einer gewissen gleichbleibenden Stabilität an Stückzahlen verkauft. Es gibt auch Nachfrage danach – denn es gibt nur ganz wenige, die Damenanzüge nach Maß auch anbieten. Aber eins ist klar – ein gut gemachter Damenanzug muss gemacht werden können. Und diesen Ansprüchen würden wir gerne auch gerecht kommen wollen allerdings haben wir entschieden, dass es nicht zu einem Betrieb passt, der sich hauptsächlich für Herren spezialisiert hat. Einen Damenanzug herzustellen ist eine komplett andere Art, eine komplett andere Methodik sogar Kunst. Es erfordert zum Teil auch andere Maschinen, andere Produktionsabläufe. Damenbekleidung ist auch bekanntlich nicht so langlebig wie Herrenbekleidung – Damen haben einen viel öfteren Kollektionswechsel als Herren. Auch die Körper sind ganz anders zu betrachten. Bei Damen haben wir viele unterschiedliche Körperformen – da sind die Herren wesentlich einfacher. Deshalb haben wir uns entschieden in das Herrenprodukt zu investieren und uns auf das Wesentliche zu konzentrieren und da mehr Herzblut und Leben reinzustecken.
entwickelt. Wer weiß, vielleicht sagen wir in 5 Jahren der Modetrend ist nur noch der Anzug! Aber ich glaube einfach, dass es ohne das Produkt „Anzug“ nicht geht.
Weste zum Anzug ?
wie sehen Sie die Entwicklung zur Weste ?
Markus Schöndorf:
Wir haben in den Monaten Juni -Juli eine starke Nachfrage tatsächlich nach Westen gehabt. Geschuldet wahrscheinlich, dass sich viele noch kurzfristig entschieden haben zu heiraten. Es kam mir tatsächlich fast schon so vor als würden alle Menschen, die heiraten nur noch Anzüge als Drei-Teiler kaufen. Ich vermute, dass es dem Corona-Umstand geschuldet ist. Aber wir haben auch nach wie vor noch viele Kunden, die gerne eine Weste tragen – denn man ist einfach noch angezogener, wenn man das Sakko ablegt und eine Weste drunter trägt. Das hat Stil und Klasse.




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